Familie Bachenheimer; Bernhard und Mathilde

Herkunft der Familie

Bernhard Bachenheimer wurde am 14.10.1884 in Hallenberg geboren.

In erster Ehe wurde er am 28.07.1909 mit Bertha Grünebaum, geboren am 06.07.1884 in Hellstein, Landkreis Gelnhausen verheiratet. Bertha starb am 15.12.1916 in Frankfurt.

Am 27.06.1919 heiratete er seine zweite Frau Mathilde Grünebaum, geboren am 03.09.1891 in Hellstein, Landkreis Gelnhausen.

Bernhard und seine erste Frau Bertha Bachenheimer hatten drei Kinder, alle lebten in der Petersberger Str. 4 in Fulda.

Hedwig, geboren am 09.02.1913 in Fulda. Am 06.03.1936 heiratete sie in Fulda Max Goldmeier, geboren am 06.12.1903 in Uttrichshausen. Ihre Tochter Bertha kam am 05.01.1937 in Fulda zur Welt. Die Familie konnte am 04.07.1939 nach Arica/Bolivien fliehen.

Zilla, geboren am 19.10.1914 in Fulda floh am 22.06.1939 nach England.

Der Sohn Meinold, geboren am 10.03.1916 in Fulda, verließ Fulda am 05.09.1936 nach Haifa/Palästina.

Bernhard und seine zweite Frau Mathilde hatten vier Kinder, alles Jungen.

Lothar, geboren am 27.03.1921 in Fulda, wurde im Alter von 17 Jahren nach der Pogromnacht verhaftet und nach Buchenwald deportiert. Nach seiner Freilassung konnte er am 06.02.1939 nach England fliehen.

Julius, geboren am 01.02.1923 in Fulda, flüchtete am 28.2.1939 nach London/England.

Erich, geboren am  09.09.1924 in Fulda, flüchtete am 13.03.1939 nach Haifa/Palästina.

Der jüngste Sohn Berthold, geboren am 29.05.1927 in Fulda, konnte noch nach Kriegsbeginn am 04.01.1940 Deutschland nach Tel Aviv/ Palästina verlassen.

Bernhard Bachenheimer kämpfte während des Ersten Weltkriegs für sein Vaterland, unter anderem in Galizien und Verdun und wurde am 02.06.1918 mit dem Eisernen Kreuz Zweiter Klasse ausgezeichnet.

Bernhard war Bäckermeister und besaß gemeinsam mit seiner Frau eine Bäckerei in der Petersberger Str. 4, aber mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten gingen die Geschäfte mit der Zeit immer schlechter.

Im Gegensatz zu seinen Kindern konnte sich das Ehepaar nicht in das sichere Ausland retten.

Am 08.12.19141 wurden Bernhard and Mathilde Bachenheimer zunächst von Fulda nach Kassel und von dort am 09.12.1941 nach Riga deportiert.

Bernhard wurde 1943 im Konzentrationslager Kaiserwald in der Nähe von Riga ermordet.

Seine Frau Mathilde wurde mit dem Boot von Riga ins Konzentrationslager Stutthof gebracht und starb dort am 21.12.1944.

Erinnerungen an Familie Bachenheimer, Sommer 1937

von Erich Grünebaum, Neffe von Bernhard und Mathilde Bachenheimer

Eines schönen Tages fuhren Mama und Hanni nach Frankfurt, um Hanni dort in einen Zug nach Holland zu setzen. Sie wollte dort Verwandte besuchen. Als Hanni am Ende ihres mehrwöchigen Besuches zurückkehrte, erzählte sie Geschichten von den wunderbaren Lebensbedingungen in Holland. Was für eine tolle Zeit hatte sie mit Tante Ruth und Onkel Selmar, die gar nicht genug für sie tun konnten.

Am Sabbat, nach Gottesdiensten, verweilten die Leute vor der Synagoge und riefen sich ein herzliches “Gut Schabbes” zu. Das wäre in Deutschland verpönt, wo irgendein Zurschaustellen des Judentums streng verboten war. Sie besuchten Orte und taten Dinge, die von Juden in unserer Gesellschaft als unerhört galten. Wie sehr ich meine Schwester um ihr Glück beneidete.

Ich war aber des Sommers 1937 nicht ganz beraubt. Während meine Schwester in Holland war, hatte ich auch die Gelegenheit einige Besuche zu machen. Bekannte meiner Eltern reisten mit einigen weiblichen Verwandten in ihrem Automobil durch Hellstein, auf ihrem Weg auf der Hauptstraße südlich von uns in Wächtersbach hielten sie an, um Mama und Papa zu begrüßen. Sie erzählten, dass sie auf dem Weg nach Fulda seien.

Mama spitzte die Ohren, als sie Fulda hörte. Wir hatten Verwandte in Fulda, meine Tante Tillie (Mathilde) und ihr Ehemann Onkel Bernard Bachenheimer. Sie besaßen eine Bäckerei in Fulda. Schnell nahm meine Mutter das Telefon und rief die Bachenheimers an: “Kann der arme kleine Erich ein paar Wochen bei euch verbringen? Er ist ganz allein und ihr habt vier Jungs und es würde ihm so viel Gutes tun!

Wie konnten sie sich weigern? Ich mochte immer meine Bachenheimer Cousins, alle Jungs und alle älter als ich.

Mama drückte einige meiner Kleider in einen Karton, während die Besucher warteten. Bald saß ich auf meinem Pappkarton auf dem Boden im hinteren Teil des Automobils und blickte rückwärts aus der Heckscheibe. Ich werde diese Autofahrt nie vergessen. Ich erinnere mich sogar an die Seife, die in diesen Karton kam. Es war PERSIL, eine große Seifenmarke. Die ganze Reise saß ich mit meinem Körper nach hinten, aber mein Kopf wandte sich Richtung Front, damit ich sehen konnte, wohin wir fuhren. Es macht keinen Spaß zu sehen, wo du warst, du willst sehen, wohin du gehst. Nach dieser Reise, nachdem ich bei meinen Verwandten in Fulda angekommen war, hatte ich einen Weltklasse steifen Hals.

Ich hatte eine gute Zeit während meines zweiwöchigen Aufenthaltes bei den Bachenheimers. Da waren meine vier Cousins, Lothar, Julius, Erich und Berthold. Berthold war der jüngste, nur ein Jahr älter als ich und mir im Alter am nächsten. Die Bäckerei war immer noch ein Geschäft, obwohl sie nur jüdische Kunden hatten. Eigentlich war es wirklich mehr ein Cafe, da sie nicht nur ihre eigenen Backwaren produzierten, sondern auch leichte Mahlzeiten servierten. Vielleicht war es das einzige koschere Restaurant in Fulda. Für einen kleinen Jungen aus Hellstein war es wie ein Paradies. Mein Cousin Lothar, der Älteste, freute sich mir die Bäckerei zu zeigen, wo er als Lehrling für seinen Vater arbeitete.

Jeden Morgen, außer am Sabbat, gab es einen Auslieferungsweg, um frisches Brot an verschiedene Haushalte zu liefern. Das war Bertholds Job und während ich dort war, half ich ihm dabei. Wir hatten einen kleinen Holzwagen mit dem Brot für die Strecke geladen. Der Wagen hatte einen Griff, um ihn zu ziehen, und wir beide zogen unseren kleinen Wagen nebeneinander.

Mein Onkel Bernard war natürlich der Meisterbäcker. Der Mann muss von einer sehr geduldigen Gesinnung und sanfter Natur gewesen sein. Ich fragte ihn alle Arten von dummen Fragen darüber, wie das getan wird oder warum das so ist. Ich erinnere mich, dass er am Herd stand und diesem unwissenden, acht oder neun Jahre alten Jungen gut gelaunt erklärte, wie man den Teig für Croissants macht oder was die Zutaten für gekochten Pudding oder anderes sind.

Die Bachenheimers waren sehr orthodoxe Leute, viel mehr als meine eigenen Eltern waren. Ich war in Ehrfurcht vor ihrer Frömmigkeit. Es gab keine Möglichkeit, dass irgendeine Arbeit am Sabbat durchgeführt werden konnte. Sie hatten extra einen Holzkohleherd aufgestellt, nur für den Zweck der warmen Aufbewahrung des Essens für das Wochenende. Die Holzkohle wurde aufgeschichtet und blieb heiß, ohne berührt zu werden. Meine Tante hat alle Mahlzeiten gekocht und am Freitag auf den Herd gestellt. Es gibt keine vergleichbare Erfahrung als Kaffee zu trinken, der seit über fünfzehn Stunden auf einem heißen Ofen steht.

Ich habe meinen Urlaub in Fulda genossen. Die Bachenheimers schienen eine sehr glückliche Familie zu sein.


Vielen Dank an die Familie Bachenheimer für die Bereitstellung der Bilder und Dokumente.

error: Inhalte unterliegen dem Copyright und sind kopiergeschützt!