Tacheles* bloggen für mehr Vernunft und weniger Antisemitismus
*offen und deutlich reden, Klartext, mit einem Sinn oder Ziel, aus dem Jiddischen
Die Autoren
Wir sind eine Schülergruppe bestehend aus 8 – 10 Schüler*innen unter der Leitung von Anja Listmann. Diese Gruppe befasst sich mit der jüdischen Geschichte in Fulda. Mit verschiedenen Projekten und Aktionen versuchen wir das Gedenken an die Opfer des Holocausts aufrecht zu erhalten, wobei sich unsere Gruppe besonders auf die Deportierten aus Fulda fokussiert.
Dieser Blog soll zukünftig nicht nur unsere Projekte dokumentieren, sondern zu einem Blogspot rund um das jüdische Leben gestern und heute in Deutschland gestaltet werden.
Fulda, Februar 2021
David
16-jährig
GRÜNDE ZUM BEITRITT Damit sich die Geschehnisse aus der Vergangenheit sich nicht wiederholen und es nie wieder zu so etwas kommt.
MOTIVATION Andere aufzuklären, was passiert ist, damit es keine Vorurteile gibt. Um den Hinterbliebenen und Angehörigen zu zeigen, dass es noch Menschen gibt, die daran erinnern, was passiert ist und sich dafür einsetzen, dass es nicht nochmal passiert.
Alexandra
15-jährig
GRÜNDE ZUM BEITRITT Ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert. Daher fand ich das Projektangebot sehr spannend, besonders weil ich vorher noch nie gehört hatte, dass in Fulda einmal so viele Juden gelebt haben. Auch fand ich es wichtig mehr über die Stadt zu erfahren, in der ich lebe.
ZIELE Es ist wichtig die Vergangenheit nicht zu vergessen und aus ihr zu lernen. Dafür ist es wichtig, dass aufgeklärt wird. Und zwar nicht nur über Fakten und Daten, sondern über Schicksale, von denen es leider sehr viele gibt. Mit meiner Beteiligung am Projekt möchte ich versuchen mehr Menschen zu zeigen, dass der Holocaust nicht nur aus Zahlen besteht, sondern aus vielen verschiedenen Gesichtern und Schicksalen.
Ronja
15-jährigInteressen: Alles, was mit Sport zu tun hat, Lesen, die AG und meine Freunde
GRÜNDE ZUM BEITRITT Der AG bin ich fast rein aus Interesse an dem Thema beigetreten, außerdem wollte ich lernen, was ich gegen Rassismus, Ausgrenzung etc. tun kann. Inzwischen ist aus diesen Gründen viel mehr geworden: Ich habe neue Menschen, die gleiche oder ähnliche Ansichten haben wie ich selbst, kennengelernt, mit denen man sich super über verschiedene Themen unterhalten kann.
Ich genieße die Zusammenarbeit mit Menschen, die genau das Gleiche erreichen wollen wie ich. Es ist wichtig, an die Opfer der Vergangenheit zu erinnern und aus der Vergangenheit zu lernen, um es in der Zukunft besser zu machen. Deshalb bin ich hier.
Leonard
15-jährig
GRÜNDE ZUM BEITRITT Das Thema Judentum und vor allem die Schoah hat mich schon immer besonders interessiert, weshalb ich mehr über das Thema wissen wollte. Außerdem ist es für mich wichtig und interessant, in Kontakt mit den Menschen zu kommen, die das alles miterlebt haben.
Einen weiteren Bestandteil, nämlich den des Gedenkens, habe ich aber für mich als den wichtigsten empfunden, da dies hoffentlich auch hilft, mehr Toleranz in die Gesellschaft zu bringen.
Laura-Marie
15-jährig
GRÜNDE ZUM BEITRITT Damit die Vergangenheit in der Zukunft nicht in Vergessenheit gerät und dem heute bestehenden Antisemitismus Einhalt zu gebieten Aufklärung von Vorurteilen und Diskriminierung gegenüber Menschengruppen An Menschen gedenken, die ermordet und deportiert werden
MOTIVATION Bei einem tollen Projekt wie diesem ein Mitglied sein zu dürfen Die Ungerechtigkeit, die verschiedene Menschengruppen heutzutage noch erleben müssen, zu beenden Geschichte abseits des Schulunterrichts zu lernen und mich fortzubilden
Leni
15-jährig Abseits der AG „Jüdisches Leben in Fulda“ interessiere ich mich sehr für Kunst, Kultur und Sprachen.
GRÜNDE FÜR DEN BEITRITT Die Beweggründe für meinen Beitritt waren unter anderem mein bereits stehendes Interesse an Geschichte, insbesondere dieses Kapitels. Andererseits führte der Zuwachs von Rassismus und antisemtisch motivierten Angriffen dazu, dass ich mich mehr mit dem Thema befasste und realisierte, wie unzulänglich das Gedenken hier in Fulda ist.
MOTIVE Deshalb habe ich mich entschieden der AG beizutreten um mich zu informieren, sodass ich andere Jugendliche für dieses Thema begeistern kann. Doch das ist nicht mehr der einzige Anreiz in der AG zu bleiben – die Zusammenarbeit mit Gleichaltrigen, die meine Interessen teilen, bedeutet mir viel und ist sehr inspirierend!
Emma
16-jährig
GRÜNDE FÜR DEN BEITRITT Das Thema Antisemitismus hat mich schon immer interessiert. Das Projekt bietet sehr viele Möglichkeiten sich zu engagieren und mit besonderen Menschen in Kontakt zu treten und mehr über ihre Geschichte zu erfahren.
ZIELE Es ist wichtig, dass die Geschehnisse, die in der Vergangenheit passiert sind nicht in Vergessenheit geraten und dass Menschen sich mehr mit dem Thema Antisemitismus und Rassismus in der heutigen Zeit auseinandersetzen.
Historische Karte
Erfahre, ob in Deiner Straße jüdische Familien wohnten. Wir zeigen die Orte, an denen jüdische Familien in Fulda von 1933 – 1942 lebten. Buchstaben (A – K; wird ständig ergänzt)
ZACHOR – Gedenken zum 80. Jahrestag der Deportation aus Fulda am 8. Dezember 1941
Wir Jugendlichen der Projektgruppe “Jüdisches Leben in Fulda” der Winfriedschule gedenken der Deportierten. Aufgrund der Pandemie haben wir ein digitales Gedenkbuch erstellt und die Namen der 135 Deportierten verlesen.
Wir vergessen nicht.
Was ist eigentlich …
Unsere beliebte Rubrik für Neugierige, den gehobenen Smalltalk, oder einfach nur Klugscheißer.
Joe Hess schildert seinen Kindertransport nach England
Am 11. Februar trafen wir uns virtuell mit Joe Hess, einem Überlebenden des Holocausts aus Fulda. Joe (Josef), geb. 1932 in Fulda schaffte es mit seiner Schwester Ilse Judith 1939 mit Hilfe eines Kindertransports zuerst nach Großbritannien zu fliehen und 1948 gemeinsam in die USA auszuwandern, wo beide heute noch leben. 1955 erfuhr er, dass sein Vater, trotz Holocaust und russischer Kriegsgefangenschaft, überlebt hatte und traf ihn in Fulda wieder.
Lebensgeschichten
Lies die berührenden und bewegenden Lebensgeschichten Fuldaer jüdischer Familien.
Familie Bachenheimer
“Die Bäckerei war immer noch ein Geschäft, obwohl sie nur jüdische Kunden hatten. Eigentlich war es wirklich mehr ein Cafe, da sie nicht nur ihre eigenen Backwaren produzierten, sondern auch leichte Mahlzeiten servierten. Vielleicht war es das einzige koschere Restaurant in Fulda.”
ErichGrünebaum, Neffe von Bernd und Mathilde Bachenheimer, Sommer, 1937
Aus einer Auflistung von 1949, angefertigt von Josef Braunold, geht hervor, dass die Familie auch Antiquitäten besaß, die bis zur Flucht des Sohnes im Besitz der Familie waren. Diese wurden nach der Deportation vom Vonderau-Museum in Fulda “übernommen” und verblieben in dessen Besitz bis zum 6. Februar 1946, als sie der jüdischen Kultusgemeinde übergeben wurden.
“Am Morgen der Pogromacht am 9. November 1938, wurden wir von der Schule nach Hause geschickt. Es herrschte eine Atmosphäre der Angst unter allen Juden. Am Abend haben die Deutschen die meisten deutschen Synagogen und auch unsere Synagoge in Fulda in Brand gesetzt. Die jüdische Schule wurde verwüstet, aber nicht verbrannt.”
“Meine Großmutter Erna sprach immer sehr gerne über ihre Zeit in Fulda. Es waren glückliche Zeiten für die Familie. Nachdem sie im Alter von nur wenigen Monaten umgezogen war, betrachtete sie sich als Deutsche und Fuldaerin. Deutsch ist die Sprache, die sie sprechen gelernt hat und in der sie ihre gesamte schulische Ausbildung erhalten hat.”
Claudia Zimmer, Enkelin von Erna Leistner, geb. Herbstmann
Als sie klein war, war Rachel ein hübsches Mädchen mit blondem Haar, und sie wurde oft gebeten, an Wallfahrtsprozessionen teilzunehmen. Da sie als Mädchen eine christliche Schule in Fulda besuchte haben die Nonnen womöglich nicht zwischen jüdischen und christlichen Kindern unterschieden, oder sie wussten vielleicht auch nicht, dass sie Jüdin war.
Adolf Löbenberg wurde 1877 in Fulda geboren. Er war zweimal verheiratet und wechselte nach seiner anfänglichen Arbeit in einer Bank in eine Elektronikfirma.
1920 kaufte die Familie Adolf Loebenberg eine Farm mit Pferden und Kühen in der Nähe von Hannover, welche 1933 von den Deutschen beschlagnahmt wurde.
Adolf und seine zweite Frau Lina zogen nach Hamburg und wurden von dort nach Riga Jungfernhof deportiert und dort ermordet.
Wir möchten an den Geburtstagen der ermordeten Fuldaer Juden ganz besonders an sie erinnern. Bei vielen Opfern wissen wir nicht, wann sie aus dem Leben gerissen wurden, aber an einen Geburtstag können wir ganz konkret an diesen einen Menschen denken und ihm oder ihr und den Familien zeigen, dass dieser Mensch nicht vergessen ist.
Aus diesem Grund beschriften wir dafür einen Stein mit dem Namen und dem Geburtstag. Manchmal haben wir sogar das Glück ein Foto des Menschen zu haben, sodass wir in seine und ihre Augen sehen können.
„Refuge: Stories of the Selfhelp Home” – Zufluchtsort: Geschichten aus dem Selbsthilfe-Haus
Der Dokumentarfilm von Ethan Bensinger (seine Mutter verließ 1935 Fulda, Anm. d. Red.) erzählt die Geschichten mitteleuropäischer Juden, die während des Holocausts aus Europa flohen und letztendlich nach Chicago kamen. Sie alle wohnen im “Selfhelp Home”, einem Altersheim in einer ruhigen Wohngegend nördlich von Downtown Chicago.”
Anmerkung: Ethan Bensinger unterstützt seit der Vorführung seines Films “Refuge – Stories of the Selfhelp Home” (mit deutschen Untertiteln) an der Bardoschule Fulda, die dortige Projektgruppe “Fulda – Auschwitz” und begann mit der Zusendung privater Fotos und Dokumente. Die Biographie seiner Mutter, die mit der Unterstützung einer Schülerin der Bardoschule erstellt wurde, ist die erste Familiengeschichte auf dieser Webseite.
Filmtipps
Ob Movie, Doku, Kurzfilm bei uns kannst du deinen Horizont erweitern.
“Was wäre dieses Land heute ohne den Beitrag der deutschen Juden?” Ein einmaliges Museum im Norden Israels erzählt vom Schicksal der “Jeckes” – deutscher Juden, die vor den Nazis flohen. Nun steht es vor dem Aus. Deutschland hilft. Aber nur ein bisschen.
Ein Ort unter tausend Orten: Was im rheinhessischen Guntersblum am 10. November 1938 geschah, war ein „ganz normales Pogrom“ im Dritten Reich. Aber es ist zufälligerweise exzellent dokumentiert.
Unweit des Kölner Doms entsteht über den Spuren eines mittelalterlichen jüdischen Viertels ein Museum. Die Funde der Archäologen erzählen vom Miteinander – und vom mörderischen Gegeneinander.
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